Es kommt leider selten vor, dass mir Freunde oder Bekannte eine Flasche Wein schenken. Meine professionelle Beschäftigung mit diesem göttlichen Getränk scheint abzuschrecken. Obwohl ich bekanntermaßen einer der freundlichsten und diplomatischsten Menschen auf dieser Erde bin, fürchten diese Zeitgenossen offenbar, dass ich das Präsent möglicherweise einer harschen Kritik unterziehe. Ganz unberechtigt ist diese Furcht nicht, denn ich ziehe relativ deutliche Grenzen zwischen Diplomatie und Opportunismus, den ich verabscheue.
Wie dem auch sei: Als meine Wandlitzer Nachbarn in den Urlaub aufbrachen und ich Ihnen zuvor versichert hatte, die frisch angelegten Blumenbeete in Ihrer Abwesenheit ausreichend mit Wasser zu versorgen, fand ich auf meiner Veranda eine Flasche Wein. „Hoffentlich kann unser diesjähriger Sommer-Lieblingswein vor deinen Kenneraugen bestehen“ hieß es leicht besorgt auf einem begleitenden Zettel.
Dort stand er nun, der Bio-Weißburgunder vom Weingut Haider aus dem Burgenland. Das mit den Augen ging erstmal schief. Die Flasche sah grauenhaft aus; stilisierte Weinreben und ein flatternder Storch. Doch da muss man schmerzfrei sein, ich habe schon reichlich Weine getrunken, deren Outfit schwere Beleidigungen für das ästhetische Empfinden darstellten und deren Inhalt dennoch uneingeschränkt überzeugen konnte. Aber ein Weißburgunder aus dem Burgenland? Diese östliche Region Österreichs steht eigentlich für Blaufränkisch in Vollendung. Doch die können offenbar auch weiß.
Gerne beurteile ich Weine ja auch als Speisenbegleiter, doch großes Essen war bei gefühlten abendlichen 35 Grad nicht angesagt. Also „einfach so“ trinken. Und siehe da: Ein toller Tropfen. Klar, süffig, deutliche (sechs Gramm pro Liter) aber spielerische Säure und dabei radikal trocken. Frische Limettenschale am Gaumen, ein herrliches Gefühl von frisch gemähter Wiese im Mund. Kein Holz-Schickschnack, sondern kühle Vergärung im Stahltank. Was für ein Kontrast zu jenen unsäglichen Mode-Weißburgundern, die als gedopte Muskelprotze und Pseudo-Chardonnays derzeit den Markt überschwemmen
Jedenfalls vielen Dank, liebe Nachbarn! Und allen anderen sei mit diesem Beispiel gezeigt: Es ist doch gar nicht so gefährlich, mir eine Flasche Wein zu schenken.
Bestellen kann man diesen großartigen Sommerwein direkt beim Weingut Haider. Kostet ungefähr 6,50 Euro pro Flasche, so genau konnten die mir das leider nicht sage. Einfach mal per Mail anfragen. (office@weingut-haider.at)
Ach komm, Rainer! Es war doch der Nachname dieses Weinguts, der Dich verstört hat.
Ich gebe zu, dass es eine namensbezogene Schocksekunde gab. Aber ich habe auch schon deutsche Weine der Güter “Flick” und “Göring” verkostet.
Frische Limettenchale oder doch aromatisierter Zitronendrops? Was kann kann man glauben, wenn der Elblingpapst von den Nachbarn im spießbürgerlichen Wandlitz gesponsort wird? Wann gibt es endlich mal wieder eine Weinprobe für die örtliche Parteiorganissation nebst Bericht zu den Klassenkämpfen der landlosen Weinlesehelfer von Mosel und Saar? Stattdessen immer diese drögen Berichte aus der heilen Welt der Petite-Bourgeoisie!
1.) Du bist doch bloß neidisch, weil Du noch nie in deinem Leben einen anständigen Weißburgunder getrunken hast.
2.) Ich fürchte, die Genossen der hiesigen Partei- und Veteranenorganisationen wären mit den von mir präferierten Getränken überfordert.
3.) Landlos an Mosel und Saar? Da gibt es jede Menge brachliegender Steillagen. Hat bloß keiner Bock drauf.
4.) Was bitte ist eine “Limettenchale”? Vielleicht ein Chalet mit limettenfarbenen Wänden?
es ist schon erstaunlich wie sehr man sich vom Äusseren (einer Flasche) beeinflussen lässt. Ich wurde auch schon einige Male von excellenten Weinen überrascht, dessen Etikett und Namen ich sehr unattraktiv fand. Aus diesem Grund: Augen schliessen, Wein probieren und dann ein Fazit ziehen! ;)
Lieber Rainer,
da bin ich aber froh, dass Du Dich von Störchen, Weinreben und dem “Anti-Namen” nicht hast abschrecken lassen und unseren Lieblingstropfen so positiv bewertest! Für alle, denen der Direktbezug zu aufwändig wäre, empfehle ich den Weinladen “Cella Vinaria” in Charlottenburg. Näheres unter http://www.biowein-berlin.de/.
PS: Danke für die Super-Gartenversorgung!
Hier ein sehr leckerer frischer Sommerwein ideal für Wandlitz und zwischen Häuseschluchten Berlins. Ist von den Winzern Katharina Weichsel und Kai Schätzel,
Es ist ein Weissweincuvee von den Sorten Silvaner, Scheuerrebe und Müller- Thurgau. 11 % Alkohol ist der Sommerwein für mich in der idealen 1 liter Flasche und auch noch bezahlbar für knapp 6.90 Euro