Arme Politiker

Beim Anblick von Steinpilzen gehen mir alle Koalitionsverhandlungen am Arsch vorbei.

An so einem herrlichen Herbstwochenende bin ich besonders froh, dass ich kein Politiker bin. Denn die müssen dieses Wochenende in irgendwelchen Sitzungssälen oder vermufften Hinterzimmern verbringen, um ihre Wähler nachträglich zu verschaukeln. Während die sinnlose Anbiederung der LINKEN an SPD und Grüne mittlerweile tragikkomische Züge trägt, arbeiten letztere längst an einem straffen Kurswechsel Richtung Neo-FDP mit Biogemüse. Natürlich werden die irgendwann mit der CDU koalieren, doch jetzt ist erstmal die SPD dran. Die muss ihren Anhängern die paar Brosamen, die ihnen die CDU hinwirft, als „sozialdemokratische Handschrift“ in der kommenden Großen Koalition  verkaufen. Das wird funktionieren, denn der Apparat dieser Partei ist längst auf Mitregieren geeicht – es geht schließlich für viele um Posten und Mandate, also um irre viel Geld, welches flöten gehen könnte, wenn es zu Neuwahlen kommt.

Was man angesichts dieser furchtbaren Verhältnisse tun kann? Zunächst einmal das Beste für sich daraus machen. 

Und ansonsten dort ,wo man lebt und arbeitet, engagieren. Ein Rädchen im Getriebe sein, zu Widerstand ermuntern. Wer dies allerdings im Rahmen des Parlamentarismus und der dort tätigen Parteien tun will, verschenkt seine Zeit und seine Energie.   

Natürlich hätte ich auch gerne die 600.000 Euro und die 850 Euro Rentenanspruch, die ein Politnik für vier Jahre Bundestag einstreicht. Aber dann hätte ich am Sonnabend weder auf der Terrasse im Garten sitzen können, noch ein paar Pilze einsammeln können. Natürlich habe ich auch gearbeitet und zwar im Beet. Sellerie, Möhren und Kräuter können jetzt geerntet werden, die einjährigen Tomaten- und Paprikapflanzen wandern auf den Kompost. Doch diese Arbeit erledige ich a) freiwillig und b) ohne irgendjemandem zu schaden.

Aber die Krönung sind derzeit die Pilze. Ich bin zwar ein nur wenig bewanderter und auch recht ängstlicher Sammler, doch bei Schwammpilzen bzw. Röhrlingen kann man nicht soviel falsch machen. Es reichte ein kleiner Rundgang ums Grundstück, um ein paar Steinpilze, Sandpilze und Ziegenlippen zu ergattern. Die werden dann einfach geputzt, klein geschnitten und mit Petersilie, Salz und Pfeffer in Butter gebraten. Göttlich! Und der frisch gepresste Saft von just geernteten Wandlitzer Biomöhren, den ich mir morgen gönne, wird wohl der beste Saft des Jahres sein.

Genuss ist bekanntlich Notwehr. Das heißt für mich nicht, die grauenhaften politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse weitgehend zu ignorieren und sich „ins Private“ zurückzuziehen. Sondern es bedeutet, bewusst zu leben, sich die Freude an kleinen Dingen zu erhalten und sich möglichst wenig zu verbiegen. Schwierig genug, und da kommen dann ein paar selbst gesammelte Steinpilze und ein dazu passendes Glas Wein gerade recht.  

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