Am 3.Oktober bekomme ich eigentlich immer schlechte Laune. Das ohnehin unerträgliche Politikergefasel wird am so genannten „Tag der Deutschen Einheit“ zur quantitativen und qualitativen Plage.
Manchmal wird allerdings Klartext geredet. So bringt das „Coke Festival of Happiness” welches anlässlich dieses Feiertages rund um das Brandenburger Tor in Berlin stattfindet, die historisch-ökonomischen Hintergründe der Übernahme der DDR vor 23 Jahren ziemlich genau auf den Punkt. Schließlich wollten die 17 Millionen darbenden Landsleute im Osten laut kapitalistischer Geschichtsschreibung nicht nur endlich Bananen bis zum Abwinken essen, sondern auch Coca-Cola trinken. Von Massenarbeitslosigkeit und Hartz IV hat man ihnen damals aber vorsichtshalber nichts erzählt.
Der “Einigungsvertrag” von 1990. Ist das ein Grund zum Feiern?
hadi/wikipedia
Das gilt natürlich besonders für Berlin, was ja so eine Art Mikrokosmos der „Einheit“ ist. „Uns“ – also die Westberliner und die aus der BRD Zugereisten – hat niemand davor gewarnt, dass wir auch noch zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall einen rassistischen Mob in Ostberliner Plattenbauvierteln ertragen müssen, wenn dort einige Flüchtlinge einquartiert werden sollen. Aber „wir“ sind keinen Deut besser. Bloß, dass „unser“ Mob nicht – friendly supported bei NPD – gröhlend und pöbelnd durch die Straßen zieht, sondern in szenigen Multi-Kulti-Vierteln dezent seine Anwälte einschaltet, um den Betrieb von Sportanlagen für Kinder und Jugendliche drastisch einschränken zu lassen. Schließlich hat man in Kreuzberg und anderswo viel Geld für die neuen schicken Lofts und Townhouses bezahlt, da sollen fußballspielende Kids gefälligst bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und von den schleimenden Politgrößen, die vor einigen Jahren z.B. den Kreuzberger Fußballverein Berliner Amateure für seine hervorragende Jugend- und Integrationsarbeit auszeichneten, hat man dazu nichts mehr gehört.
Kann mir eigentlich jemand erklären, was der prinzipielle Unterschied zwischen abgehängten Hellersdorfer Rassisten und betuchten Neu-Kreuzberger Sozialdarwinisten ist?
Noch ein letztes Mal zur „Einheit“. Die gibt es weder zwischen Ost und West oder Nord und Süd, noch zwischen arm und reich, oben und unten. Dann am 3. Oktober doch lieber ein „Coke Festival of Happiness“ statt verlogene Reden und Feiern.