Kleine Freuden 2013 – aber kein bisschen Frieden

Natürlich gehört es sich für jeden anständigen Blogger, irgendetwas zum neuen Jahr abzusondern. Mein Drang zu individuellen exhibitionistischen Glücksfantasien hält sich aber in engen Grenzen, und Plattitüden á la „Ich hoffe auf Frieden in der Welt“ erspare ich mir und meinen Lesern ebenfalls.

Im Gegenteil: Ich bin strikt gegen Frieden!   Es muss ja nicht gerade ein veritabler Krieg sein, aber einigen Damen und Herren gehört ganz gewaltig eingeheizt. Das fängt an mit den Spekulanten und Miethaien in „meinem“ Moabit, geht weiter mit Unternehmern, die ihre „Mitarbeiter“ mit unwürdigen Dumpinglöhnen abspeisen (ich weiß, wovon ich rede!) und vor allem jenen weltweit operierenden kriminellen Vereinigungen, die unsere Lebensgrundlagen verzocken.

Ein paar kleine Wünsche habe ich für 2013 natürlich auch:

Ich hoffe, dass die Wirtsleute vom „Stammtisch“ noch möglichst lange weitermachen, damit ich dort auch in diesem Jahr ein paar Mal Reginas unvergleichliche Pferderouladen essen kann.

Ich hoffe, dass es auch 2013 so herrlich reintönige, spritzige Elbling-Weine gibt wie 2012 und freue mich auf die ersten Proben im Februar oder März.

Ich hoffe auf ein Ende der harten Nachtfroste und ein paar milde, sonnige Tage bereits im März, damit ich meine Datsche wieder in Betrieb nehmen und die Beete vorbereiten kann.

Ich hoffe auf einen einigermaßen vegetationsfreundlichen Wetterverlauf, damit es an den Alleebäumen in Wandlitz-Stolzenhagen wieder reichlich Äpfel, Pflaumen, Mirabellen, Renekloden usw. zu ernsten gibt.

Ich hoffe, dass das Wasser im Stolzenhagener See nicht wieder zu warm für die Saiblinge wird, die der Fischereipächter dort aussetzt.

Ich freue mich wie jedes Jahr auf das Leipziger Bach-Fest mit seinem klug zusammengestellten, meistens umwerfenden Programm.

Ich hoffe auf ausreichend Gelegenheit zu kleinen und großen Fahrradtouren.

Ich hoffe auf das Erscheinen vieler neuer guter Bücher.

Alles nur Kleinigkeiten, doch immerhin eine gute Grundlage, um den sonstigen Wahnsinn einigermaßen ertragen zu können

Schwarze Trüffel statt Diät

Es ist der übliche mediale Zynismus. Erst wird man wochenlang mit Tipps bombardiert, wie man sich in der Advents- und Weihnachtszeit die Plauze vollhaut,  bis der Arzt kommt. Doch während die gehorsamst vertilgten Stollen, Dominosteine, Printen und natürlich diverse warme Fettbomben noch in den Gedärmen rumoren, treten die Gesundheits- und Schlankheitsapostel mit allerlei Diät- und Fitness-Ratschlägen auf den Plan.

Weihnachten ist nicht nur deswegen eine mentale Pest. Dennoch sind auch bekennende Agnostiker wie ich in dieser Zeit nicht vor ausufernden Schlemmereien gefeit. Mein normalerweise sehr reduzierter Fleischkonsum erreichte an den Feiertagen für meine Verhältnisse schier unglaubliche Werte.  Weiterlesen

Frohe Arschnachten den Weihlöchern

Kaum nähert sich der Kalender dem Weihnachtsfest, scheint es in der Politik und in den Medien nur noch mitfühlende, gar empathische Menschen zu geben. Rund um die Uhr wird betroffen und mahnend von der „wachsenden Armut“ und „großen Kluft in der Gesellschaft“ gesäuselt. In den großen bürgerlichen Leitmedien dürfen sich die verkannten Sozialreporter austoben, und auch der hinterletzte Parteifuzzi fühlt sich derzeit bemüßigt, etwas von „notwendigen Konsequenzen“ aus den derzeit fast im Tagestakt veröffentlichten  Armutsstatistiken zu faseln. Natürlich nicht ohne zu erwähnen, dass man dafür seiner Truppe bei den kommenden Wahlen die Stimme geben müsse. Kurzum: Es ist ekelhaft. Weiterlesen

Auch die Weinwelt dreht sich weiter

Der Furor kannte kaum Grenzen. Im März 1998 konnte man in einem meiner Artikel über die Düsseldorfer ProWein-Messe lesen: „Der Weinkenner fragt sich mit Grausen, warum deutsche Winzer anfangen, Chardonnay und Cabernet Sauvignon anzubauen.“ Und im April 2002 durfte ich in einer überregionalen Tageszeitung mein aus elf Ge- und Verboten bestehendes „Weinmanifest“ veröffentlichen. Unter 2.) heißt es dort: „Kauft keinen deutschen Chardonnay, Merlot oder Cabernet Sauvignon! Sie werden seit einigen Jahren hierzulande verstärkt angebaut, um auf den Modetrend hin zu „internationalen Rebsorten“ aufzuspringen. Sie haben hier nichts verloren und schmecken – von wenigen, aber dann sündhaft teuren  Ausnahmen abgesehen – recht enttäuschend“. Weiterlesen

Schwein, Wein, fein

Weihnachten ist ätzend, und jeder Mensch ist wohl gut beraten, dieses Konjunkturprogramm für den deutschen Einzelhandel und die damit einher gehenden Orgien des schlechten Geschmacks so gut es geht zu ignorieren. Aber man wird ja wohl mal anständig kochen dürfen, wenn Feiertage entsprechend Zeit für ein solides Menü bieten.

Vor zwei Jahren haben wir dem doofen Weihnachtsmann eines seiner Rentiere vom Schlitten weggeschossen und verspeist. 2011 wurde dann ein Elch erlegt. Doch warum in die Ferne schweifen? Vor der Haustür mühen sich Förster und Jäger redlich, den ausufernden Bestand an Wildschweinen etwas zu dezimieren. Erst neulich wurde ein Friedhof in Stahnsdorf (bei Potsdam) freigeballert, auf dem die kräftigen Tierchen zuvor diverse Gräber umgepflügt hatten.

Auch dieses brandenburgische Wildschwein hat gute Chancen, angemessen gewürzt im Ofen zu landen Quelle: GerardM

Entsprechend reichhaltig und auch preiswert ist das Angebot bei einschlägigen Händlern. Frische Wildschweinkeule ist derzeit für unter 15 Euro pro Kilo erhältlich. Aus dem ausgelösten Knochen fabriziert man einen Fond. Wie das geht, kann man hier lesen. Weiterlesen

Lob der Erbsensuppe

Es ist kalt, es ist matschig, es ist eklig. Zeit also, für deftige, wärmende Speisen. Für mich heißt das – mindestens einmal im Jahr – die Zubereitung eines der wenigen authentischen Highlights der Berliner Küche in Angriff zu nehmen: Erbsensuppe. Berühmt wurde dieses Gericht durch den Gastronomen Aschinger, der in seinen Glanzzeiten in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts über 30 Stehbierhallen und einfache Restaurants in Berlin betrieb. Für ein paar Pfennige gab es einen Teller Erbsensuppe, man bekam Nachschlag und Schrippen, so viel man wollte. Für ärmere Bewohner der Stadt war das oft die einzige Möglichkeit, eine nahrhafte warme Mahlzeit zu erhalten. Doch auch „bessere Kreise“ besuchten gerne die Läden. Weiterlesen

Take five

Das Dave Brubeck Quartett 1967 in New York. Er wird immer weiter swingen
quelle:Wikipedia-gnu-Lizenz

Wenn ein Mensch, der vor nicht allzu langer Zeit noch auf der Bühne stand, einen Tag vor seinem 92.Geburtstag an Herzversagen stirbt, gibt es keinen Grund, traurig zu sein. Vielmehr sollte man Dave Brubeck posthum dazu beglückwünschen, dass er sein Leben als großer Musiker ohne lange Leidenszeit beenden konnte.

Es gehört zu den großen Missverständnissen in der jetzt einsetzenden Würdigungswelle, dass ausgerechnet „sein“ berühmtestes Werk „Take five“ gar nicht aus seiner Feder stammt, sondern von dem Saxophonisten des Brubeck-Quartetts, Paul Desmond, komponiert wurde. Das tut der Bedeutung des großen Musikers aber keinerlei Abbruch. Wie kaum ein anderer aktueller Tonsetzer spielte er mit polytonalen und polyrhythmischen Formen, zerstörte Hör- und Spielgewohnheiten und kreierte dafür Neue  – ohne dabei jemals neutönerisch-destruktiv daherzukommen. Blues? Rondo? Fuge? Kein Problem – aber warum nicht in 5/4-, 13/4- oder 11/8-Takt. Und das alles nicht als mathematische Spielerei, sondern stets mit entspanntem Groove und Swing.

Natürlich war Brubeck ein durch und durch „weißer“ Jazzer. Na und? Die Jazzpolizei ist glücklicherweise weitgehend entmachtet, und auch ein Wynton Marsalis, der als Wurzel des Jazz nur die tradierte Musik der Afroamerikaner gelten lässt, hat längst nicht mehr die Macht und Deutungshoheit früherer Jahre.

In der Frühzeit des Jazz, haben entsprechende Kapellen in New Orleans auf Beerdigungen und Trauerumzügen gespielt. Daran sollte man beim Gedenken an Brubeck anknüpfen. Und wer jetzt noch keine Schallplatte/CD von ihm hat, oder tatsächlich nur „Take five“ kennt, sollte die Gelegenheit nutzen, sich diesem großen Musiker zu nähern. Es lohnt sich, es ist Seelenhygiene, Stimmungsaufhellung und Genuss. Und Genuss ist bekanntlich Notwehr.

Es geht auch ohne

Fehlt nur noch die Vinaigrette, und schon kann ein Rohkostteller zur wahren Delikatesse werden.

Zu meinen großen Herausforderungen als Gastgeber und Hobbykoch gehören die seltenen Besuche meiner Schwester. Denn die ist nicht nur Vegetarierin, sondern meidet u.a. auch Nachtschattengewächse (Kartoffeln, Tomaten etc.) und vor allem Jod.

Natürlich will ich ihr – der ebenfalls ambitionierten Hobbyköchin – dennoch ein angemessenes Menü auftischen. Na dann legen wir mal los: Als Vorspeise gibt es – auch das eine strenge ernährungsphysiologische Vorgabe meiner Schwester – einen Rohkostteller. Das, was Fleisch-Maniacs gerne als Kaninchenfutter abtun, kann sehr schmackhaft sein. Ich entschied mich diesmal für selbstgezogene Senf- und Linsensprossen, frisch geriebene Rote Bete, ein paar Scheiben rohe Stein-Champignons und ein paar Scheiben Avocado, die man mit Zitrone beträufeln sollte, damit sie nicht braun anlaufen.Ohne Dressing wäre das ein wenig fade, doch aus Dijon-Senf, Himbeeressig, Olivenöl und Honig kann man da was Hübsches zusammenrühren.

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