Das Abschlusskonzert des 51. Berliner Jazzfestes am Sonntag begann mit einem klaren politischen Statement. Der Musikjournalist und Jazzfest-Moderator Ulf Drechsel forderte eindringlich, die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge würdig zu behandeln. Und vor allem daran zu denken, dass der Westen – also auch mir – maßgeblich für die Ursachen der Fluchtbewegungen verantwortlich sind. Außerdem sei gerade Jazz als von Migration geprägte Musik dafür prädestiniert, ein Zeichen für ein Miteinander der Kulturen zu setzen
Das passte sehr gut zu den beiden ersten Auftritten des Abends. Das Orchester “Diwan der Kontinente” wurde 2011 von zwei Jazz-Absolventen der Berliner Musikhochschule gegründet und hat den Anspruch alles aufzunehmen, was seine Mitglieder an kulturellem Background nach Berlin mitgebracht haben. Im Auftrag des Jazzfestes haben die Iranerin Cymin Samawatie und der gebürtige Inder Ketan Bhatti eine Art Suite komponiert, getragen von der Idee, die Heimatklänge der 22 Musiker aus zwölf Nationen zu integrieren. Und so wächst zu einer Art universeller Kammermusik mit viel improvisatorischer Freiheit zusammen, was zusammen gehört, und auch chinesische Mundorgel, iranische Kelchtrommel oder armenische Langflöte fügen sich nahtlos in das gewohnte Klangbild ein. Kein Ethno-Quatsch, sondern einfach nur gut durchdachte und spielfreudig dargebotene Musik voller Überraschungen. Einer der Höhepunkte sicherlich die gleichzeitige Darbietung eines hebräischen Psalms, einer arabischen Koransure und eines persisches Gedichtes im Form eines barocken Chorsatzes.
Auch der Schlagzeuger Louis Moholo-Moholo steht für die Migrationsgeschichte des Jazz. 1964 floh er vom dem südafrikanischen Apartheidsregime nach Großbritannien und kehrte erst 2005 wieder in sein Heimatland zurück. In London wurde er einer der wichtigsten Motoren der freien britischen Jazzszene. Seine Auftritte können großartig sein, voller Kraft und Spiritualität. Doch am Sonntag wirkte sein Quartett eher uninspiriert. Schade.
Das Jazzfest 2015 ist Geschichte. Es war ein guter Jahrgang mit vielen inspirierenden, spannenden Konzerten – und auch einigen Flops. Noch ist die Handschrift des neuen Leiters Richard Williams nicht eindeutig zu erkennen, denn eine möglichst große Bandbreite ist noch kein Konzept. Im kommenden Jahr weiß man mehr.