Natürlich hätte ich auch heute viele Gründe, heftig zu schimpfen. Z.B. auf die Idioten, die den Berliner Flughafen in den Sand gesetzt haben und jetzt scheibchenweise damit herausrücken, dass der Steuerzahler für dieses Narrenstück ein paar zusätzliche Milliarden berappen muss. Oder auf die euphemistisch “Heuschrecken” genannten Finanzgangster von KKR, die sich jetzt in die Fußballbundesliga einkaufen. Oder auf jene komplett asozialen Teile der „alternativen“ Mittelschicht, die nur noch an ihre Refugien und Privilegien denken, wie es Jutta Ditfurth erneut in einem lesenswerten Interview darlegt.
Aber ich schimpfe heute nicht. Ich genieße das schöne Wetter und die Vorfreude darauf, bald wieder mein Wochenendgrundstück in Wandlitz nutzen zu können. Verbunden mit der Hoffnung, dass die kommende Saison nicht durch entwurzelte Bäume, Bandscheibenvorfälle und Leistenbrüche getrübt wird.
Ich freue mich auf die in in Koriander, Knoblauch und Chili marinierten Großgarnelen, die ich nachher in die Pfanne haue. Und auf den dazu gereichten „Bopparder Hamm Feuerlay Riesling Spätlese halbtrocken 2012“ vom Weingut Didinger aus Osterspai am Mittelrhein. Der bietet einen vollen Korb Früchte am Gaumem, vor allem Melone, Birne und Mango. Alles wunderbar eingebunden in prickelnde Säure und ein straffes mineralisches Gerüst.
Ich freue mich auch auf die Medaillons vom Brandenburger Hirsch, die anschließend mit Kartoffel-Pilz-Püree und Rotkohl serviert werden und einen mir bislang nicht bekannten Pinot Noir vom Pfälzer Weingut Jülg als Begleiter bekommen.
Bereits seit Tagen freue ich mich regelmäßig über eine Aufnahme der vielleicht besten lebenden Sängerin, eine Interpretation einer Arie des vielleicht wichtigsten Komponisten der Musikgeschichte. Diese Aufnahme gibt es bei YouTube in bestechender Ton- und Bildqualität. Und jetzt höre ich auf zu schreiben und fordere euch ultimativ auf, einen Kopfhörer in den PC oder das Smartphone zu stecken, diesen Link anzuklicken und acht Minuten lang das Hirn auszuschalten.
Danach könnte man vielleicht darüber nachdenken, ob es manchmal doch ein richtiges Leben im falschem gibt, auch wenn Theodor W. Adorno das immer vehement bestritten hat.