Hitzefrust und -lust

Eine durchaus ereignisreiche, aber auch frustrierende Woche neigt sich dem Ende zu. Es ist höchste Zeit, sich auf ein entspanntes Wochenende vorzubereiten. Doch zunächst ein paar ernüchternde Anmerkungen:

1.)   Der US-Kriegsherr, Drohnen-Mörder und Spitzelchef Barack Obama kam mit seiner Familie für rund 25 Stunden nach Berlin, um gut zu essen und vor einigen handverlesenen Gästen am Brandenburger Tor belangloses Zeug zu labern. Für weite Teile der Stadt wurde daher eine Art Notstandregime installiert, das mit  erheblichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit verbunden war.

2.)   Naive und/oder zynische Gutmenschen nötigen uns jetzt allenthalben zu Spenden für die „Flutopfer“. Für die öffentlichen Versäumnisse beim Hochwasserschutz sollen wir also nicht nur pauschal mit acht Milliarden Steuergeldern zur Kasse gebeten werden, sondern auch noch privat draufzahlen. Weiterlesen

Barockkantaten statt Bildungspolitik

Heute mal ein großes Bild. Schließlich geht es auch um große Musik von einem großen Komponisten. Und um ein großes Festival.
Quelle:Wikipedia

Als journalistischer Tagelöhner muss man auch mental flexibel sein. Und so ging es am vergangenen Wochenende direkt vom Gewerkschaftstag der GEW zum Bachfest nach Leipzig. Ein größerer Kontrast ist kaum denkbar: Barockkantanten statt Bildungspolitik, Sonaten statt Satzungsdebatten.

„Vita Cristi“ ist das diesjährige Motto des Festivals, welches alljährlich für neun Tage das Werk des wohl bedeutendsten Barockkomponisten zelebriert und Verbindungslinien zu anderen Tonkünstlern zieht. Leipzig ist nicht nur der richtige, sondern der einzig denkbare Ort für ein derart aufwändiges Fest. Schließlich hat Johann Sebastian Bach hier von 1723 bis zu seinem Tod im Jahr 1750 als Thomaskantor gewirkt und einen Großteil seiner kirchenmusikalischen Werke geschrieben. Und wer angesichts der Aufführungen in den  historischen Spielstätten wie der Thomas- und der Nikolaikirche keine Gänsehaut bekommt, muss schon ziemlich verroht sein. Weiterlesen

Zwischen Bildungsoffensive und Altbier

Der Besuch von Gewerkschaftstagen ist definitiv nicht vergnügungssteuerpflichtig. Man taucht ein in eine Art Mikrokosmos, der sich irgendwo zwischen skurrilen bürokratischen Ritualen, innerorganisatorischen Scharmützeln, aufrechtem Engagement und dem Ringen und Posten und Pöstchen bewegt. Das soll nicht heißen, dass der Bundeskongress der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), den ich seit Mittwoch in Düsseldorf als Korrespondent  für das „Neue Deutschland“ verfolge,  eine überflüssige Veranstaltung ist. Weiterlesen

Fluten und andere Katastrophen

 Es wird viele Menschen geben, denen die Namen Deggendorf und Bitterfeld nicht sonderlich geläufig sind. Dabei haben die niederbayrische Provinzgemeinde und die ostdeutsche Industriestadt schon des Öfteren für Aufsehen erregt. Deggendorf schaffte es unter anderem mit dem lebensgefährlichen, weil schlampig gebauten Dach einer Eishalle und einem monströsen Gammelfleischskandal in die Schlagzeilen. Bitterfeld galt einst als Kloake der DDR, die dort angesiedelte Chemieindustrie setzte Maßstäbe in Sachen Umweltverseuchung.

 Derzeit sind beide Städte vom Hochwasser bedroht, zwischenzeitlich drohte sogar die komplette Überschwemmung der Gemeinden. Auch das – ähnlich wie das Hallendach, der giftige Abfall und das Gammelfleisch – keineswegs eine unvorhersehbare Naturkatastrophe, sondern hauptsächlich durch bewusstes menschliches Handeln hervorgerufen. Weiterlesen

Notizen aus der Provinz

Hier nicht weiter zu erläuternde Umstände verschlugen mich am Wochenende in die Oberpfalz und schließlich noch nach Nürnberg. Das Problem der Region ist, dass die Einheimischen außer Bier anscheinend nur ein Nahrungsmittel Ernst nehmen, nämlich Schweinefleisch in allen erdenklichen Varianten und natürlich ungeheuren Mengen.

Das zweite Problem besteht darin, dass ich eigentlich kein Schweinefleisch und außer Merguez auch keinerlei Wurst esse, mir das Zeug bei traditionsbewussten Oberpfälzer Landmetzgern bzw. in deren Gasthäusern aber ausgesprochen gut schmeckt. Woran sich das dritte Problem anschließt, dass ich derartig konzentrierte Fleischzufuhr auf Grund der Entwöhnung nicht (mehr) vertrage. Weiterlesen

Moabit – mal Hölle, mal Himmel

Was haben diese frisch geernteten Balkon-Radieschen mit Gentrifizierung, schlechtem Musikgeschmack und sozialdemokratischer Mentalität zu tun? Für die Auflösung bitte weiterlesen………

Moabit ist (nicht nur) für Musikliebhaber ein ziemlich hartes Pflaster. Was einem da aus frühsommerlich-angemessen geöffneten Fenstern in der Regel entgegenschallt, müsste eigentlich Gegenstand intensiver geschmackspolizeilicher Ermittlungen sein. Und auch Besuche in durchaus liebenswerten Etablissements, wie der alten Kiezkneipe „Zum Stammtisch“ (das sind die mit den Pferderouladen) lassen sich nur ertragen, wenn man seine Ohren angesichts der berieselnden Dumpfmucke konsequent auf Durchzug stellt.

 Natürlich gibt es Ausnahmen. Vor meinem gentrifizierungsbedingten Zwangsauszug aus der Bredowstraße wurde ich von einem Zeitgenossen im Haus gegenüber des Öfteren mit italienischen Opern beglückt. In meiner neuen Straße wohnt ein verkannter Bielefelder Hilfsgrafiker und Entertainer (DJ Verpoorten), der den Genuss seiner John-Coltrane-Sammlung gerne mit Anwohnern und Passanten teilt. Und auch ich habe manchmal das Bedürfnis meiner Umwelt vorzuführen, wie geil „Die Kunst der Fuge“ von J.S..Bach, das Album „Play“ des Jazzrock-Titanen Mike Stern und einige Stücke der „neuen“ Jimi-Hendrix-CD sind. Weiterlesen

Choi Sum und Tom Yam Gung gegen Wetter- und Fußballfrust

Es war ein Wochenende der harten Prüfungen. Hilflos musste ich mitansehen, wie ausgerechnet der unsympathische, großkotzige FC Bayern die Champions League gewinnt. Das ist für einen eingefleischten Schalke-Fan ungefähr so, als wenn die FDP bei den Bundestagswahlen die absolute Mehrheit bekäme. Einziger Trost ist, dass die verwarzten, hässlichen Widerlinge aus Lüdenscheidt den Titel nicht errangen, denn das wäre natürlich noch schlimmer.

Fast so daneben war das Wetter, das mich davon abhielt, meinen Landsitz aufzusuchen. Dafür unternahm ich einen Kurztrip nach Singapur. Oder war es Ho-Tschi-Minh-Stadt? Oder Kuantan, oder  Padang?  Alles falsch, ich lief lediglich um die Ecke zum alten Hertie-Kaufhaus in der Turmstraße in Berlin-Moabit, wo vor einigen Wochen  mit „go asia“ einer der größten und bestsortiertesten asiatischen Supermärkte eröffnet hat, denn ich jemals in Deutschland gesehen habe. Weiterlesen

Randnotizen zu Wagner

Richard Wagner: Rassist, Judenhasser, Herrenmensch – und großer Komponist

Es ist wahrlich nichts Ungewöhnliches in der Musikgeschichte, dass sich Komponisten auf die Suche nach Formen begaben, die den Weltgeist – oder wenigstens das, was sie dafür hielten –  in Musik ausdrückt. Man kann das auch einfach Suche nach Spiritualität in der Musik nennen. Bezugspunkte können dabei Gott (J.S.Bach), nordische Fabelwesen (Sibelius), germanische Heldensagen (Richard Wagner) oder sonst was sein. Letzterem ging es um eine Tonsprache, die für Menschen „das große Ganze“ erfahrbar macht und sie zum Bestandteil einer universellen Ordnung werden lässt.

Wagner ist auf diesem Weg ziemlich weit gekommen. Wie kaum ein Komponist vor ihm hat er die emotionale Wirkung bestimmter musikalischer Formen erkannt, extrahiert und mit potenzierter Wirkung neu zusammen gestellt. Weiterlesen

Kleine Fluchten-große Fragen

 

Es gibt Tage, an denen es dringend notwendig ist, Berlin zu verlassen. Zwar hat sich die berüchtigte Love Parade inzwischen quasi selbst umgebracht, doch der stets zu Pfingsten veranstaltete Karneval der Kulturen steht ihr in Sachen Krach, Massenrausch, Dreck und Eventtouristen-Invasion in nichts mehr nach. Aus der eher improvisierten Selbstdarstellung der vielen in Berlin lebenden Ethnien ist längst eine durchkommerzialisierte viertägige (von Freitag bis Montag) Orgie des schlechten Geschmacks geworden.

Also ab auf den Landsitz in Wandlitz, lautete die Losung. Zwar sieht und spürt man hier immer deutlicher, was es heißt, wenn eine Gemeinde zum „Speckgürtel“ der Hauptstadt gehört, doch es ist immer noch ruhig, beschaulich und in dieser Jahreszeit nahezu unwirklich grün. Vor allem, wenn man sich am Rand des ländlichen Ortsteils Stolzenhagen aufhält, nach vorne auf den Wald und nach hinten auf ein Feld guckt Weiterlesen

Spaßbremse Deutsche Post AG

„Spiegel-Leser wissen mehr“ lautete viele Jahre die zentrale Werbebotschaft des wichtigsten deutschen Wochenmagazins. Nun kann man die Sinnhaftigkeit dieser Aussage natürlich in Frage stellen, aber auch ich gehöre seit gefühlten 100 Jahren zu den regelmäßigen Lesern. Meistens montags wurde das Magazin am Kiosk erstanden, manchmal auch sonntags, eine fast schon rituelle Handlung. Und da ich zu jenen Grufties gehöre, denen Papier in der Hand wesentlich mehr Lesespaß bereitet, als das Glotzen auf große oder kleine Bildschirme, gedachte ich diese Tradition fortzuführen.

Doch seitdem ich den Spiegel – animiert von einem richtig nützlichen Werbegeschenk-  abonniert habe, ist Schluss mit Lustig. Denn die Deutsche Post AG zeigt sich seit Monaten außerstande, mir das Magazin montags zuzustellen, selbst der Dienstag ist des Öfteren eine offenbar nicht zu bewältigende Terminhürde.  Weiterlesen