Ostern: Zwischen Spargelwein und rechten “Friedensfreunden”

Eine Frage ist jedenfalls geklärt. Die Suche nach dem  Spargelweinkönig konnte bereits am 20.April erfolgreich beendet werden. Dabei habe ich noch gar nicht so viel probiert, aber was das Weingut Frick in Binzen im Markgräflerland auf Flaschen gefüllt hat, lässt sich wohl nicht mehr toppen. Schon im vergangenen Jahr haben mir die beiden Gutedel-Abfüllungen von Frick ausnehmend gut gefallen. Doch leider lernte ich sie erst nach der Spargelzeit kennen.

Der knochentrockene Gutedel-Kabinett „Junge Reben“ 2013 bringt jedenfalls den Frühling ins Glas. Ein Duft wie eine Blumenwiese, am Gaumen dann ein bisschen Kernobst und eine Spur Mandel, alles eingebettet in knackige, aber keineswegs aufdringliche Säure. Auch der Preis (5,90) ist ausgesprochen unaufdringlich. Dazu frischer Brandenburger Spargel – natürlich nur mit Butter und guten Kartoffeln, ohne Sauce, ohne Schinken, ohne Schnitzel – und das Leben kann ziemlich schön sein. Weiterlesen

Ostern – eine Verschwörungstheorie

 Eine der historisch bedeutsamsten Verschwörungstheorien ist zweifellos die Passionsgeschichte. Demnach ließ vor einiger Zeit ein finsteres Bündnis aus römischen Besatzern und jüdischem Klerus unter Umgehung des geltenden Rechts einen jungen Wanderprediger unter Missachtung des geltenden Rechts zunächst inhaftieren, dann foltern und schließlich hinrichten. Doch der junge Mann schlug demnach den Mächten der Finsternis ein Schnippchen und verließ nach einigen Tagen sein Grab, um zu seinem Vater im Himmel zu flüchten. Seitdem warten einige hundert Millionen Menschen auf seine Wiederkehr.

 Das ist natürlich vollkommen irre, hat aber im Laufe der Jahrhunderte immer wieder als ideologische Grundlage für Judenverfolgung bis hin zu Pogromen getaugt. Zudem gehört der ganze Passionsquatsch auch zu den Grundpfeilern der christlichen Ideologie. Die lässt sich nach wie vor prima vermarkten und nährt unter anderem einen riesigen parasitären Apparat von „Gottesdienern“.

 Diese rufen Jahr für Jahr zu Demos auf, die sich dann Karfreitagsprozessionen nennen. Natürlich ist das durch das Prinzip der Glaubens- und Meinungsfreiheit gedeckt, aber warum ein Gregor Gysi meint, sich an derartigem Mummenschanz beteiligen zu müssen, ist schwer nachvollziehbar. Weiterlesen

Keine Macht für Niemand

 Der Briefkasten war wieder mal besonders voll. Meistens bin ich versucht, den Stapel Werbeprospekte und – anschreiben sowie die unsäglichen Bezirkszeitungen sofort in den Papierkorb zu werfen, doch das ist nicht ohne Risiko, denn bisweilen rutschen etwas wichtigere Briefe dazwischen. So auch diesmal, als sich zwischen dem „einmaligen Osterangebot“ eines Weinvertriebs und dem Metro-Katalog die Wahlbenachrichtigung für die Europawahlen am 25.Mai befand.

 Natürlich könnte man auch dieses Anschreiben ungelesen wegwerfen. Europawahlen sind ein politisch wenig relevantes Spektakel, bei dem in erster Linie abgehalfterte Landes-und Bundespolitiker mit ehrgeizigen Jung-Karrieristen um einen Platz an einem besonders gut gefüllten Futtertrog rangeln. Die entscheidenden EU-Gremien, also die EU-Kommision und der Rat der Ministerpräsidenten werden ohnehin nicht gewählt sondern ausgekungelt, von den unzähligen in Brüssel und Strasbourg tätigen Lobbyisten mal ganz zu schweigen. Europawahl ist daher Ton Steine Scheiben-Zeit: Keine Macht für Niemand


 ”Ich bin nicht frei und ich kann nur wählen
Welche Diebe mich bestehlen, welche Mörder mir befehlen
Ich bin tausendmal verblutet und sie haben mich vergessen
Ich bin tausendmal verhungert und sie war’n vollgefressen
Im Süden, im Osten, im Westen, im Norden
Es sind überall dieselben, die uns ermorden”

( Die These wird variiert)

“Im Süden, im Osten, im Norden, im Westen
Es sind überall dieselben, die uns erpressen”

 (oder in  der oben verlinkten Live-Version „…“die die Luft verpesten)

 und später dann noch

 In Augsburg, in München, Frankfurt, Saarbrücken
Es sind überall dieselben, die uns unterdrücken.

 Dennoch werde ich meine Briefwahlunterlagen anfordern. Weiterlesen

Heute mal ohne Wein. Dafür mit der AfD

 Heute wird’s mal ganz trocken hier. Denn wenn Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel gemeinsam vor die Presse treten, um das Europawahlprogramm und einige nationale Beschlüsse zu verkünden, sollte das für Politik-Journalisten derzeit ein Pflichttermin sein. Ist es auch, wie der große Andrang in einem Saal der Bundespressekonferenz am Mittwoch in Berlin demonstrierte. Man kann die “Alternative für Deutschland” nicht totschweigen, denn sie existiert und bewegt sich in den Umfragen zur Europawahl konstant zwischen sechs und sieben Prozent – immerhin doppelt so viel wie die FDP und nur knapp hinter der LINKEN. Es reicht auch nicht, die neue Partei zur Projektionsfläche für liebgewordene Kategorisierungen zu machen. Da sind nicht nur einfach “Rechtspopulisten” oder gar “Rassisten” am Werk – obwohl es diese Strömungen in der AfD zweifellos gibt.

 Politischer Kern der AfD ist – und es tut weh, so etwas sagen zu müssen – eine fundierte und in weiten Teilen korrekte Analyse der europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik. Zwar ist Lucke erkennbar ein selbstverliebter Ökonomonen-Gockel (seine Lieblingsfloskel ist anscheinend “wie sie meiner Ausarbeitung entnehmen können”) doch seine  Beurteilung der ökonomischen Lage in den europäischen Krisenstaaten ist bestechend und vor allem ein angenehmer Kontrast zu den Lügengebilden der großen Parteien, die jetzt ständig von Fortschritten bei der Überwindung der Schuldenkrise schwadronieren. Wenn jemand erläutert, dass die sinkenden Importe und wachsenden Exporte der “Krisenstaaten” keine Zeichen besserer Wettbewerbsfähigkeit, sondern Ausdruck der gigantischen Verarmung großer Bevölkerungsteile sind, dann ist das auch dann vollkommen richtig und wichtig,, wenn es der AfD-Chef ist. Das gilt auch für seine These, dass das gesamte Konstrukt der diversen Rettungsschirme in eine gigantische Enteignung der kleinen und mittleren Steuerzahler münden kann. Weiterlesen

Schluss mit der Idylle – jetzt wird grob geholzt!

Am Wochenende habe ich mich u.a. mit wichtigen Dingen wie Unkraut zupfen, Rasen reparieren, Spargel schälen, Weine probieren und Brennholz sägen beschäftigt. Und ich war endlich mal wieder zwei Tage am Stück offline und nachrichtenfrei – ein mittlerweile fast fremdartig erscheinendes Gefühl.

Doch am Montag kam es dann natürlich gleich knüppeldick. Erst die Lobhudeleien auf Gerhard Schröder, dessen 70.Geburtstag abgefeiert wird, und dann das unerträgliche Gelaber einiger CDU-Vertreter über die Rentenpläne der Regierung.

Ein asozialer Kriegsverbrecher wird 70. Na und?
Quelle: SPD Schleswig-Holstein/CCPL

Zu Schröder nur so viel: Dieser “große Kanzler” hat Deutschland wieder zum Krieg führenden Staat gemacht, ließ Belgrad bombardieren und Zivilisten in Afghanistan massakrieren. Weiterlesen

Spargel mit Musik

Angesichts des frühen Frühlingsbeginns ist der Kampftag des Spargelschälers am 1.Mai diesmal nicht in Gefahr. Ganz im Gegenteil: Bereits jetzt sind in der Regel osteuropäische Niedriglöhner in Brandenburg und anderswo heftig damit beschäftigt, die edlen Stangen zu stechen. So wie es aussieht, werden sie dafür auch künftig nicht den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro erhalten. Was eine Riesenschweinerei ist, aber offenbar will es die Bundesregierung ihren Wählern nicht zumuten, ein paar Cent mehr für Spargel und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse zu bezahlen und zementiert dafür die unwürdigen Löhne der Saisonarbeiter. Bin gespannt, ob den Gewerkschaftern dazu mehr als ein paar pflichtschuldige kritische Bemerkungen einfallen. Erfahrungsgemäß wohl eher nicht.

Den Appetit sollte man sich dennoch nicht verderben lassen. Und die Saison ist bereits voll im Gange; derzeit ist frischer Spargel bester Qualität aus der Region bereits für weniger als zehn Euro pro Kilo erhältlich. Weiterlesen

Demokratie kann nerven. Wein übrigens auch

 Ich hab den Jahreswechsel am 29./30. März gut überstanden. Kein Zeitumstellungs-Jetlag, sondern gute Laune, weil es abends länger hell ist. In Wandlitz ist das Salat-Frühbeet fertig, Kohlrabi ist auch schon gesetzt, der Bärlauch kriecht unter dem Sand hervor, die Beerensträucher fangen an zu sprießen. Sogar die ersten Spargelverkäufer sind bereits da.

Na endlich gibt es wieder Bärlauch
Quelle: Lisa Carter/GFDL

 Das Leben könnte also einigermaßen schön sein. Wenn einem gewisse politische Ereignisse nicht auf den Magen schlagen würden. So ist es kaum zu begreifen, dass ein offensichtlich korrupter Autokrat wie Erdogan für seine Gewaltorgien gegen Demonstranten am Taksim-Platz, für die Abschaffung der unabhängigen Justiz und die Zensur des Internets auch noch mit einem Wahlsieg bei den Kommunalwahlen belohnt wird. Oder das den zu Recht von Hollande und der “sozialistischen” Regierung enttäuschten Franzosen nichts Besseres einfällt, als ebenfalls bei Kommunalwahlen scharenweise nach rechts abzubiegen. Demokratie macht manchmal keinen Spaß. Weiterlesen

Heute ist Silvester

Für die, die es immer noch nicht begriffen haben: HEUTE IST SILVESTER – und nicht etwas am 31.Dezember, wie viele Menschen hierzulande immer noch meinen. Der – ohnehin nicht sonderlich präzise – gregorianische Kalender kann mir mal, und eigentlich hatte ich bereits am 30.12.2013 per Dekret festgelegt, dass dieser Unfug endlich aufhört, aber auf mich hört ja keiner.
Morgen fängt unzweifelhaft das neue Jahr an – denn die Uhren werden auf Sommerzeit umgestellt, d.h. endlich wieder abends in der Dämmerung auf dem Balkon oder der Terrasse sitzen und dazu angemessenen Wein trinken.

Die Erfordernisse des Klassenkampfes – genauer gesagt; der Moabiter Mieterbewegung – haben allerdings verhindert, dass ich diesen Tag würdig auf meinem Wandlitzer Landsitz verbringe und endlich den Grill in Betrieb nehme. Flugblätter verteilen gegen die Wohnungsspekulation in dem Kiez war angesagt. Es lief gut, man merkt, dass das Thema bei vielen Menschen präsent ist. Wir machen jedenfalls weiter, organisieren Veranstaltungen, stacheln Mieter in einzelnen Häusern  auf oder gehen Investoren und Lokalpolitikern bei ihren öffentlichen Selbstbeweihräucherungen auf den Geist.

Mit marnierten Wachteln geht’s ins neue Jahr

Aber irgendwann ist dann auch beim Mieterkampf mal Schicht, und schließlich gilt es, angemessen Silvester zu feiern, also sich vom alten Jahr mit all seinen umgestürzten Bäumen, Leistenbrüchen, Bandscheibenvorfällen und Arbeitsgerichtsprozessen zu verabschieden. Da mir niemand glaubt, dass heute Silvester ist, muss ich das wohl alleine tun. Dazu braucht man nicht viel: Zwei Wachteln (in Honig, Chili, Zitronenschale und Estragon mariniert und 20 Minuten bei 200 Grad im Ofen gebraten) und einen halbtrockenen Weißwein, wobei ich diesmal auf meine letzte Flasche Riesling Bopparder Hamm Feuerlay 2012 vom Weingut Didinger (Mittelrhein) zurückgreifen werde. Dazu natürlich angemessene Musik, wie die von mir erst in den letzten Monaten entdeckten Klavierkonzerte von C.P.E Bach – rhythmische und harmonische Kleinode voller Spielfreude und Brillianz.  Das neue Jahr kann jedenfalls kommen

Auf nach Moabit: Balcerowiak liest!

 Ein Raunen geht durch die Moabiter Arbeiterklasse, und auch kleinbürgerliche Genussfreunde sind elektrisiert. Es schallt wie ein Donnerhall durch den Kiez rund um die Turmstraße: BALCEROWIAK LIEST! Und zwar nicht irgendwo, sondern in der Höhle des Löwen, im Herzen der Bestie. Er wird seine Thesen und Geschichten zu Weinkultur und Verbraucherverdummung aus seinen beiden Werken “Der kulinarische Notfallkoffer” und “Captain Cork – Das ultimativ andere Weinbuch” in der Arminius-Markthalle (hinter dem Rathaus Tiergarten) vortragen. Denn für traditionsbewusste Kiezbewohner heißt die Halle immer noch so, obwohl die neuen Betreiber sie in Zunfthalle umbenannt haben.

Balcerowiaks Lesungen – ein Muss für jeden Weinfreund.Foto: Frank Paul Kistner/ wwwfrankpkistner.de

 Hier, in einem der Brückenköpfe der Gentrifizierung Moabits, darf Balcerowiak, der in dem Gebiet auch als Mieteraktivist und gewählter Stadtteilvertreter in Erscheinung tritt, das Wort erheben und mit einem Glas Wein in der Hand die Lage an der Genuss- und anderen Fronten erläutern. Das Ganze findet am Donnerstag , also morgen, um 20 Uhr statt, kostet ein bisschen Eintritt, aber dafür gibt’s auch ein Glas Wein und ein bisschen Fingerfood. Und handsignierte Exemplare der Bücher zu erwerben.

 Natürlich muss man an einem Tag wie heute auch über Fussball reden. Das der FC Bayern gestern gegen die doofe Hertha die vorzeitige Meisterschaft perfekt machte, interessiert keinen; Hauptsache Hoeneß geht in den Knast. Aber wie die besten Söhne der Gelsenkirchener Arbeiterklasse am Dienstag den ruchlosen Attacken des Lüdenscheider Fußball-Mobs standhielten, war aller Ehren wert.

 

Man darf sich auch mal irren

Mit einem Lemberger St.Michaelsfeder 2011 “Großes Gewächs” von Christian Dautel und einem Glas Carnuntum Wildschweinterrine von der Wiener Manufaktur Hink kann man sogar eine gut vierstündige Zugfahrt von Düsseldorf nach Berlin gut ertragen. Dautel hat mir die Flasche für die Heimfahrt von der ProWein-Messe mitgegeben – wohl auch, weil es ihn wurmte, dass sein “Großes Gewächs” in einer Besprechung von mir nicht besonders gut wegkam.

So macht sogar Bahnfahren Spaß

Seiner These, dass mit der seinerzeit verkosteten Flasche irgendwas nicht in Ordnung war (Korkschleicher oder ähnliches) und der Wein in Wirklichkeit “Weltklasse” sei, kann ich mich nunmehr vorbehaltlos anschließen. Dichtes Kirscharoma und Waldbeeren treffen auf frisch gemahlenen Pfeffer und ein wenig Kaffee. Ganz feine Tannine, ein tolles, unaufdringliches Säuregerüst und dazu leicht rauchig-würzige Noten verleihen diesem wirklich großen Wein eine beeindruckende Gesamttextur. Ist jeden Cent der verlangten 24,50 Euro wert. Ganz großes Genießerkino schließlich die Kombination mit der großartigen Terrine – fein abgeschmeckt mit Rotwein und Nüssen und grandios gewürzt. Weiterlesen