Ich sag schon mal Danke

Ich sag dann schon mal danke, liebe SPD-Mitglieder. In Kürze werdet Ihr, die ihr sonst gar nicht gefragt werdet, mehrheitlich für die Fortschreibung von Hartz IV, Altersarmut und  Zwei–Klassen-Medizin stimmen. Ihr seid auch damit einverstanden, dass in Deutschland das Streikrecht massiv eingeschränkt wird, weil schlagkräftige Spartengewerkschaften wie die GDL künftig keine Tarifverträge mehr abschließen dürfen. Und das mit der Herdprämie für Frauen, die ihren Kindern vorschulische Bildung verweigern, geht für Euch ebenso in Ordnung, wie die schwachsinnige „PKW-Maut für Ausländer“. Dafür gibt’s immerhin einen auf später verschobenen Mindestlohn, der allerdings mit ein paar Öffnungsklauseln durchlöchert wird. „Energiewende“ bedeutet künftig nicht nur, immer mehr zu zahlen, sondern auch mehr Kohlestrom. Und das mit der höheren Besteuerung für Superreiche ist ja nicht so wichtig.

Nordfriesische SPD-Genossen auf dem Weg zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag

Das alles hätte die CDU natürlich auch ohne euch gemacht, spätestens nach Neuwahlen. Aber jetzt dürft ihr wenigstens das Gefühl haben, mit im Boot zu sitzen.

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Darf man ungarischen Wein trinken?

Als einigermaßen bekannter Weinpublizist bekommt man nicht nur jede Menge Probeflaschen, sondern auch diverse Einladungen zu Verkostungen. Mal sind es einzelne Winzer oder bestimmte Weinregionen bzw. deren PR-Agenturen, mal sind es Weinhandlungen und Importeure,  die für ihre Produkte um mediale Aufmerksamkeit buhlen.

Vieles davon interessiert mich gar nicht oder nur mäßig, wie z.B. Überseeweine oder Champagner. Gerne habe ich allerdings eine Einladung der ungarischen Botschaft zu einer Fachverkostung mit rund 20 Winzern und einem anschließenden Empfang angenommen. Auch Ungarn gehört zu jenen erst allmählich erwachenden Riesen der Weinkultur, die auf einer wahren Schatzkiste autochthoner Rebsorten sitzen und in manchen Regionen über hervorragende geologische und klimatische Bedingungen verfügen und dementsprechend eigenständige und unverwechselbare Weine erzeugen können. Weiterlesen

Neues Buch, neues Glück

Sieht gut aus, riecht gut, liest sich gut: Das ultimativ andere Weinbuch

Fast hätte ich es vergessen, aber vor einigen Tagen ist mein drittes Buch erschienen. Als mich Manfred „Captain Cork“ Klimek seinerzeit fragte, ob ich bei dem Projekt eines „ultimativ anderen Weinbuchs“ als Linkslotse und Ko-Autor mit auf die Brücke kommen will, habe ich nicht lange gezögert: Welcher Weinpublizist würde schon Nein sagen, wenn es um eine Veröffentlichung bei einem der renommiertesten deutschen Verlage dieser Sparte geht. Mein „Demokratisches Weinbuch“ wollten sie vor einigen Jahren bei Hallwag/Graefe&Unzer nicht haben; dann eben durch den Seiteneingang. Weiterlesen

Glühwein: Warum nicht gleich Motoröl?

Was muss ein Wein verbrochen haben, damit man ihn auf 75 Grad erhitzt und, Zucker und Gewürze reinkippt?
© Deutsches Weininstitut

Es  ist nicht auszuhalten! Während Millionen von Geschmacksprimaten noch damit beschäftigt sind, sich Unmengen einer ungenießbaren Flüssigkeit namens „Beaujolais Primeur“ einzuflößen, ist bereits die nächste Seuche im Anmarsch. Völlig verdrehte innere Uhren und nahezu kultische Gewohnheiten animieren selbst erwiesenermaßen vernunftbegabte Menschen ab Ende November zum Konsum eines Getränkes namens »Glühwein«. 

Jedem Freund leiblicher Genüsse muss es wehtun, dass ausgerechnet eines der edelsten Getränke der Kulturgeschichte für diesen Irrsinn missbraucht wird. Denn „was muss ein Wein verbrochen haben, damit man ihn auf 75 Grad erhitzt, Zucker und Gewürze reinkippt und mittelalterliche Stadtsilhouetten aufs Etikett knallt“ fragte nicht zu Unrecht die Süddeutsche Zeitung in einer Wochenendausgabe. Weiterlesen

Rock `n’ roll in der Kehrwoche

Ich habe es mit eigenen Augen gesehen: Auch in schwäbischen Provinzstädten wie Bönnigheim sieht man manchmal Papierschnipsel auf der Straße. Und einer der überregional bekanntesten Bürger des Ortes ist ein fusselbärtiger Freak mit Dreadlocks und Cargohosen. Das beruhigt, wenn man als Berliner angereist ist, um seine in zwei Büchern niedergeschriebene Thesen und Geschichten über Verbraucherverdummung,  absurdes Weingeschwätz und Genusskultur vorzulesen, und die Schwaben dabei keineswegs zu schonen. Denn auch hier gibt es jede Menge ungenießbaren Wein (vor allem Trollinger) und dümmlich-peinliches Marketinggefasel.

Bei besagtem Freak handelt es sich um Christian Dautel, der seit einigen Jahren die Kommandobrücke des elterlichen Weinguts geentert hat, welches unumstritten zu den besten Erzeugern in Württemberg und darüber hinaus in ganz Deutschland gehört. Und wenn man dann mit einem umwerfenden Weißburgunder voller Saft und Kraft, feiner Mineralität und ganz leicht rauchigen und salzigen Noten begrüßt wird, mag man eigentlich gar nicht lesen, sondern würde sich am liebsten mit ein bis zwei Flaschen in eine stille Ecke in Dautels Weinkeller zurückziehen.

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Gaga in Moabit

Bevor ich mich zu einer kleinen Lesereise nach Schwaben aufmache, muss ich natürlich noch mal durch die „schönste Straße Deutschlands“ flanieren, die direkt bei mir um die Ecke ist. Den Titel erhielt die Emdener Straße in Berlin-Moabit von einem obskuren „Netzwerk Nachbarschaft“, dass u.a. von einer Baumarktkette und der Zeitung „Schöner Wohnen“ getragen wird. Initiiert wurde dieser Unfug vom „Verein Moabit“, der sich „bürgerschaftliches Engagement“ auf die Fahnen geschrieben hat, aber auch schon mal als Drückerkolonne für die Werbeabteilung eines großen Stadtmagazins in Erscheinung trat.

Um den Titel zu erhalten, reichte es, wenigstens für den Tag der Preisverleihung Anfang November ein bisschen Müll von der Straße zu holen (der längst wieder da ist) und ein paar Baumscheiben zu bepflanzen (wovon kaum noch etwas zu sehen ist). Dann gibt es noch einen bemalten Stromverteilerkasten. Ansonsten wirkt die Straße genau so angeschmuddelt und verfallen wie zuvor. Potemkin lässt grüßen.  

Die “schönste Straße Deutschlands”: Penibel sauber…….

Die selbst für Berliner Verhältnisse sehr vielen Geringverdiener und Hartz-IV-Bezieher in diesem Kiez fühlen sich sicher geehrt von der Auszeichnung. Auch die Mieter, denen vielfach exorbitante Mietsteigerungen oder der Verlust der Wohnung durch Umwandlung in Eigentum drohen, werden begeistert sein. Wirklich freuen  können sich allerdings die Betreiber von Ferienwohnungen in der Straße und die Immobilienhaie, die derzeit durch den Kiez marodieren. Ihnen liefert dieses absurde Narrenstück willkommene, kostenlose Werbung. Weiterlesen

Primeur-Trinkern ist nicht mehr zu helfen

Nomen est Omen
©derultes

Es ist wieder so weit. Ab dem kommenden Donnerstag werden frankophil gestylte Plakate und Tischkärtchen ankündigen: “Voila, Le Beaujolais Primeur est arrivé”. Und bereits jetzt sind die Trittbrettfahrer dieses Geschmacksverbrechens unterwegs. Selbst seriöse Weinhändler kapitulieren vor dem schlechten Geschmack ihrer Kunden und bieten allerlei “Primeurs” und unter “Novello”, “Nuevo” oder “Early” firmierende Nachahmerprodukte aus Italien, Spanien, Südafrika und inzwischen auch Deutschland an. Das Zeug schmeckt bestenfalls nach nichts, aber in den meisten Fällen ziemlich eklig. Durch Vergärung im Schnellgang (vier Tage) nebst reichlich Kohlensäurezufuhr und Erhitzung enthalten diese „Rotweine“ weder typische Aromen noch Tannine, dafür aber oft jede Menge scharfer Zitrusnoten und Bitterstoffe. Oft schmecken Primeurs vordergründig nach unreifer Banane und Schwefel, und schon nach wenigen Wochen Lagerung kommt ein furchtbarer Essigstich dazu. Nach dem Verzehr sind die Kopfschmerzen fast so schlimm, wie beim Federweißen.

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Kann man Trotzkisten in der Küche trauen?

Trotzkisten bin ich schon immer mit einer gewissen Skepsis begegnet. Zwar habe ich das soft-stalinistische Weltbild meiner Jugend schon lange hinter mir gelassen, doch die Jünger des wohl prominentesten Eispickel-Opfers der Geschichte sind mir immer noch suspekt. Nehmen wir Lucy Redler, die einst als Jeanne d’Arc der sozialen Bewegungen in Berlin im Wahlkampf  2006 für Furore sorgte, um anschließend nach jahrelanger würdeloser Bettelei im Schoß der sozialdemokratischen Linkspartei zu landen. Und jetzt kämpft sie auch noch an vorderster Front für ein asoziales Volksbegehren gegen den Bau bezahlbarer Wohnungen am Rand des Tempelhofer Feldes. Oder der von mir bereits des Öfteren auf diesem Blog erwähnte trotzkistische Bürokrat. Der verfügt zwar in linken Wirtschaftsfachkreisen über ein gewisses Ansehen, verschreckt aber seine Genossen und Freunde regelmäßig mit inferioren Auftritten am Herd und am Weinregal. Weiterlesen

Lieber Rotwein als tot sein

Zu meinen saisonalen Ess- und Trinkgewohnheiten gehört, dass der Weinkompass in den Monaten November bis März deutlich in Richtung Rot ausschlägt. Große Wild- und ähnliche Gelage werfen ebenso ihre Schatten voraus, wie der Wunsch nach dem abendlichen Dämmerschluck in der geheizten Wohnung, die im Winter zu einer Art Fluchtpunkt vor den Unbilden des garstigen Wetters wird. Irgendwie passen Elbling, Riesling&Co nicht zu diesem Feeling. Eher Spätburgunder und Lemberger.  Wenn man dann an die Anschaffung kleinerer Spätburgunder-Vorräte geht, liegt es natürlich nahe, Weine von jenen Winzern zu probieren, die dem noblen Verband der Deutschen Prädikatsweinwinzer (VDP) gehören. Weiterlesen

Das Poststadion – ein fast vergessener Berliner Schatz

Es hatte durchaus etwas Nostalgisches, als ich am Sonntag das Spitzenspiel der Regionalliga Nordost im Poststadion besuchte. Vor knapp 2000 Zuschauern unterlag die nach Hertha und Union „dritte Kraft“ des Berliner Fußballs, der BAK 07, der TSG Neustrelitz mit 0:2 und kann die Ambitionen auf den Aufstieg in die 3. Bundesliga wohl bereits zu diesem frühen Saisonzeitpunkt begraben. Die äußerst konfus agierende Abwehr des BAK kassierte die beiden Tore  bereits in der 1. Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel erhöhten die Moabiter den Druck, konnten aber außer einem Lattentreffer und zwei weiteren Großchancen nichts Zwingendes entwickeln. Insgesamt wirkten die von dem ehemaligen Bundesliga-Profi und Nationalspieler Thomas Brdaric trainierten Neustrelitzer vor allem taktisch wesentlich reifer.  

Das konnte ich verschmerzen, doch trauriger ist der Zustand der in einem wunderschönen Park mitten in der City gelegenen Sportanlage, die Ende der 1920er Jahre auf einem ehemaligen Exerziergelände errichtet wurde. Weiterlesen