Der Adler soll sich schämen!

In der „Weinszene“ gibt es ein paar ungeschriebene Gesetze. So macht man sich nicht unbedingt Freunde, wenn man einen Wein oder ein ganzes Gut allzu arg verreißt. In vielen Publikationen ist dies sogar ausdrücklich unerwünscht. Schließlich könnten Winzer von der Angst befallen werden, dass auch ihre Weine schlecht besprochen werden und das sei nicht eben im Sinne des Geschäfts, heißt es bisweilen zur Begründung.

Ich habe das Glück, dass dieser Blog eben kein „Geschäft“ ist. Und deswegen rate ich hiermit dringend davon ab, den Würzburger Silvaner Qualitätswein trocken 2012 vom fränkischen Weingut Bürgerspital zu kaufen.  Weiterlesen

Tausche Stimmzettel gegen Riesling

Viele werden das Gefühl kennen: Man hat Lust auf was richtig Leckeres, doch das persönliche Budget gibt es einfach nicht her. So schreien die vielleicht letzten Sommerabende nahezu nach einem tollen Riesling auf der Terrasse, dem Balkon oder auf der Parkbank. So einen wie den 2011er Burger Hahnenschrittchen Riesling Spätlese trocken  vom Öko-Weingut Steffens-Kess aus Reil an der Mosel. Feiner Schiefer trifft im Mund auf Mango und Papaya, alles bereits in sich ruhend und mit straffer, lebendiger Säure austariert; Riesling vom Feinsten. Weder ein dürres Moselchen noch ein im „burgundischen Stil“ aufgeblasener Mumpf-Riesling. Sondern klar, wahr und reintönig – ein Spaßwein der subtilen Sorte.
Kostet allerdings (für diese Qualität vollkommen angemessene) 10,30 Euro pro Flasche.  Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Doch unsere parlamentarische Demokratie hat just in diesen Wochen eine temporäre Lösung für Hartz-IV-Empfänger, Armutsrentner, Niedriglöhner oder anderweitig prekär Beschäftigte anzubieten: Den Stimmenverkauf. Weiterlesen

In eigener Sache: Bye, bye Junge Welt

Nie wieder Elbling in der jW-Redaktion trinken!

Die juristische Auseinandersetzung über mein Arbeitsverhältnis bei der „Jungen Welt“ ist beendet. Nach fast zwei Jahren kam es am 20.August in der Berufungsverhandlung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu einem Vergleich, der nach Ablauf der Widerrufsfrist nunmehr rechtskräftig ist.

Im Herbst 2011 hatte ich nach erfolglosen Versuchen einer gütlichen Einigung Klage gegen den Verlag eingereicht, um meinen Status als Angestellter feststellen zu lassen und meine Entlohnung auf Sittenwidrigkeit überprüfen zu lassen. Zuvor hatte mir der Geschäftsführer ein „Angebot“ für einen regulären Arbeitsvertrag unterbreitet, der eine Entlohnung von 1890 Euro Brutto für eine Vollzeittätigkeit als Redakteur vorsah und dessen Annahme für mich erhebliche Einkommensverluste bedeutet hätte. Das wollte ich nicht akzeptieren. Am 8. Dezember 2011 erhielt ich nach über 12 Jahren Tätigkeit schlagartig Hausverbot bei der jW, wenig später die Kündigung. Weiterlesen

Wahlkampf? Ohne mich!

Es reicht! Erst das zum medialen Großereignis aufgeblasene dünne, gestelzte Gefasel von Angela Merkel und Peer Steinbrück am Sonntag und dann das Gekeife und Geschimpfe der drei Hinterbank-Matadoren am Montag. Wobei Gregor Gysi noch einen einigermaßen souveränen Eindruck machte, doch das Gebettel seiner Partei um eine Rolle als Fußabtreter der SPD geht mir mächtig auf den Sender.

Für mich waren diese beiden “Elefantenrunden” jedenfalls der persönliche  Schlusspunkt der Bundestagswahlkampfes. Ich werde mich zu diesem Theater bis zum 23. September nicht mehr äußern. Es ist eh alles Wesentliche entschieden. Merkel wird Kanzlerin einer Regierung, die uns bald die Rechnung für die Euro-Schuldenkrise präsentieren wird. Der Mehrheit der Bundesbürger geht es anscheinend ökonomisch so gut, dass sie gar nicht daran denken, die herrschende Politik in Frage zu stellen. Zumal die Kanzlerin ähnlich (rechts)sozialdemokratisch agieren wird, wie es auch Steinbrück tun würde.

Meine Wahlempfehlung ist hinlänglich bekannt, und wird offensichtlich auch von dem Herrn auf dem Bild geteilt, der öffentlich seine Briefwahlunterlagen ausfüllte. Das ist zwar verboten, aber irgendwie muss man sich ja wehren.

Ich war Urban

Viele Berliner mit außermitteleuropäischen sprachlichen Wurzeln haben ein sehr entspanntes Verhältnis zu Präpositionen. Und die auf 140 Zeichen beschränkten gängigen Kommunikationsformen SMS und Twitter haben den kompletten Verzicht auf Vor-, Verhältnis- und Lagewörter ebenso befördert, wie den auf komplette Ortsangaben. In Kreuzberg heißt es also nicht „Ich war im Urban-Krankenhaus“ sondern schlicht „Ich war Urban“.

Ich war am Wochenende tatsächlich Urban, um mir einen Leistenbruch fachgerecht operieren zu lassen. Weiterlesen

Rock’n’ Roll Kitchen

Ich bin ein alter Rock’n’Roller. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen ich meiner Gibson Marauder und meiner Fender Telecaster nebst dem obligatorischen Marshall-Vollröhrenverstärker auf diversen Bühnen exzessive Gitarrensoli entlockte. Doch Rock’n’Roll war für mich schon immer mehr als ein Musikstil. Manchmal ist eben „Freak out“ angesagt, oder auch „Kick out the Jams“, das ist keine Altersfrage. Dezenter formuliert könnte man auch vom Infragestellen oder Negieren bestimmter Konventionen und Regeln sprechen. Gerne zeige ich – besonders verbal oder in geschriebener Form – auch mal den Stinkefinger. Weiterlesen

Kastrierte Tomaten

Zu den vielen unsinnigen Regeln der vermeintlich „gehobenen“ Küche gehört, dass man Tomaten vor ihrer Verwendung in Soßen und Suppen überbrüht, schält und auch die Kerne entfernt. Als Begründung müssen der optische Eindruck, bei dem die geringelten Schalenteile  und die kleinen Kerne nur stören würden, und die schwere Verdaulichkeit der Haut herhalten. Wenn es allerdings um die Zubereitung von Tomatensalat geht, spielen diese Bedenken plötzlich keine Rolle mehr. Weiterlesen

Auf Sparflamme

Wenn es kommt, dann manchmal auch knüppeldick. Die auf diesem Blog bereits geschilderten Verwüstungen in meinem Garten trafen mich in einer Phase, in der ich mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen habe. Dieser scheint dank kundiger Behandlung mittlerweile beherrschbar, aber irgendwann, irgendwie habe ich mir auch noch einen erst jetzt diagnostizierten Leistenbruch zugezogen. Der wird hoffentlich bald operiert werden, aber mir mit Sicherheit noch einige Zeit zu schaffen machen.

Die Gartensaison kann ich jedenfalls weitgehend vergessen. Für dringend notwendige Arbeiten wie Bodenvorbereitung zur Rasennachsaat und später Laubbeseitigung werde ich auf private und professionelle Hilfe angewiesen sein. Meine stark eingeschränkte körperliche Belastbarkeit reicht gerade noch für gelegentliches Gießen der Beete. Wenigstens kann ich mich einigermaßen schmerzfrei und sogar mit einem entspannten Gefühl auf dem Fahrrad fortbewegen. Weiterlesen

Lohn der Mühe

Der Sommer ist hoffentlich noch lange nicht vorbei. Wer wünscht sich nicht noch viele laue Sommerabende und die Möglichkeit, sich in luftiger Kleidung zu bewegen. Die Ernte ist allerdings bereits in vollem Gange. Und das betrifft nicht nur professionelle Obst-, Gemüse- und Getreideanbauer, sondern auch Hobbygärtner. Ich empfinde die Ernte Jahr für Jahr als Lohn für die Mühe. Natürlich reicht das, was ich dem Brandenburger Sandboden mit Hilfe von Gründüngung, Pferdemist, Kompost und vielen Stunden manueller Arbeit abringe, nicht im Geringsten aus, um mich zu ernähren.

Aus dem Garten schmeckts immer am Besten

Doch zum einen schmeckt es frisch aus dem eigenen Garten oder auch nur vom Balkon einfach besser (jedenfalls subjektiv) und außerdem bekommt man mit den Jahren immer stärker ein Gefühl für saisonale Nahrungsmittel. Zum Beispiel Erdbeeren: Einige reifen noch  bei mir, doch wenn die verspeist sind, kommen mit bis zum nächsten Mai keine auf den Teller. Oder Äpfel: Habe ich seit Monaten nicht mehr gegessen bzw. als frisch gepressten Saft getrunken, doch jetzt wird alles „nachgeholt“ und auch Kompott für den Winter eingemacht. Angesichts meiner diesjährigen „Rekordernte“ wandern auch ein paar – natürlich mit eigenen Kräutern verfeinerte- Tomatensoßen in die Speisekammer.  Weiterlesen

Es lebe der Wirsingkohl

Der Frust über die Folgen des Unwetters auf meinem Grundstück sitzt nach wie vor tief. Am Montag kommt der „Birkinator“, wie es eine Bekannte auszudrücken pflegte, entsorgt die entwurzelte Birke, verfüllt den entstandenen Krater und fällt eine weitere, die umzustürzen droht. Kleine Freuden sind jetzt angesagt, z.B. über die Produkte meines – unversehrt gebliebenen – Gemüsebeetes.

In puncto Nahrungs- und Genussmitteln würde ich mich durchaus als neugierig und experimentierfreudig einstufen. Heuschrecken, Schlangen und Hundefleisch habe ich ebenso probiert, wie diverse Dinge in Asien und Afrika, von denen ich bis heute nicht weiß, worum es sich gehandelt hat. (Ist vielleicht auch besser so). Aber es gibt auch eine Art Schwarze Liste, und auf der rangierte bis vor wenigen Tagen der Wirsing ziemlich weit oben. Zu prägend waren die kindlichen Erlebnisse bei meiner aus Pommern stammenden Stiefgroßmutter, die des Öfteren Wirsingeintopf als zerkochte Pampe mit unangenehm säuerlich-bitteren Geschmack zubereitete. Sie kochte ohnehin – im Gegensatz zu meiner Mutter und meiner Oma väterlicherseits – ganz furchtbar. Weiterlesen