Junkfood-Salsa

Wie sich vielleicht herumgesprochen hat, wird mein in Kürze erscheinendes Buch den Titel „Der kulinarische Notfallkoffer“ tragen.  Das gleichnamige Kapitel hätte wesentlich länger ausfallen können, denn seit Manuskriptabgabe hatte ich weitere erschütternde Erlebnisse, welche die Notwendigkeit einer transportablen Notreserve an genießbaren Lebens- und Genussmitteln bestätigten.

So auch am vergangenen Sonnabend. Ich besuchte eine Party. Ausrichter und Zielgruppe des Events waren mir persönlich unbekannt, da ich in der Rolle des Begleiters zugegen war. Es stellte sich heraus, dass sich das Partyvölkchen – in Spitzenzeiten so um die 60-70 Personen – in erster Linie aus einer sehr speziellen Kreuzberger Tanzszene rekrutierte: SALSA! Ich tanze nie, dennoch alles sehr nett, wenn auch ein bisschen laut und so gar nicht mein Musikgeschmack, weil selbst vor M.Jackson, Abba und abgestandenem Latino-Pop mit den schrecklichen „Gypsy Kings“ als absolutem Tiefpunkt  nicht zurückgeschreckt wurde.

Macht alles nichts. Aber warum muss auf einer Versammlung irgendwie kulturbeflissener Menschen fast immer grauenhafter Wein gereicht werden?

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Pfui Deifi

In München findet derart das größte kollektive Besäufnis der Welt statt. Natürlich gönne ich den Bajuwaren ihre Wiesn, doch jenseits des Weißwurstäquators haben derartige Feste keine Tradition.

Das hindert geschäftstüchtige Lebensmittelmarodeure natürlich nicht daran, jedes Jahr pünktlich zur Wiesn-Zeit deutschlandweit „bayrische Wochen“ zu veranstalten und allerdlei blau-weiß drapierte Merkwürdigkeiten in die Supermarktregale zu packen. Eine wichtige Rolle spielt dabei natürlich die „original bayrische Weißwurst“. Weiterlesen

Der PR-Wein

Wie entsteht ein Produkt, das regelmäßig mit Attributen wie „großer Wein“, „Ikone des Weinbaus“, „bester Wein Kaliforniens“ oder „einer der besten Weine der Welt“ versehen wird. Die Antwort auf diese Frage findet man in der Regel mitnichten in den Weinbergen und Keller engagierter Winzer oder im Weinglas selbst, sondern in den Marketingabteilungen großer Konzerne. Man nehme reichlich Kapital, gewinne die Unterstützung von Multiplikatoren wie dem im Hochpreissegment wohl einflussreichsten Weinkritiker Robert Parker, setze eine gigantische PR-Maschinerie in Gang, und schon ist er da, der Mega-Tropfen.

So haben es jedenfalls Ende der 70er Jahre die global agierenden Weinkonzerne Mondavi und Baron Philippe de Rothschild angepackt. Sie gründeten in Kalifornien das Weingut „Opus One“. Später stieg mit Constellation Brands einer der größten Getränkeproduzenten der Welt ein. Produziert wird dort eine Cuvée, die überwiegend aus Cabernet Sauvignon sowie – je nach Jahrgang- verschiedenen Ergänzungssorten wie Cabernet Franc, Merlot,  Malbec und Petit Verdot besteht. Ergebnis sind mehr oder weniger dezent „kalifornisierte“ Weine im Bordeaux-Stil, besonders dem auf der linken Seite der Gironde. Weiterlesen

Keine Zeit? Dumme Ausrede!

Es ist nicht auszurotten. Wer in Großstädten abends Hunger hat, geht mal eben zum „Italiener um die Ecke“ und lässt sich dabei in gefühlten 90 Prozent der entsprechenden Lokalitäten mit ziemlichem Schrott abspeisen. Nehmen wir Pastagerichte. Die bestehen nicht selten aus zerkochten Billignudeln, Industrie-Olivenöl, Fertigsaucen und Parmesan aus der Dose. Vom dazu angebotenen „Hauswein“ ganz zu schweigen

„Ich hab aber keine Zeit zu kochen“, jammert der urbane Citoyen auf entsprechende Vorhaltungen. Einspruch! Wer nicht einmal Zeit hat, sich ein anständiges Pastagericht zu bereiten, macht in seinem Leben irgendetwas gaaanz falsch. Nehmen wir Spaghetti mit Pesto. Zunächst dürfte es ja wohl möglich sein, sich mit vernünftigen Teigwaren, gutem Öl, Knoblauch und anständigem Hartkäse zu bevorraten. Ein Topf mit Basilikum gehört ohnehin  zur Grundausstattung jeder Wohnung. Und ein paar Pinienkerne sollten sich auch zwischen den vielen wichtigen Terminen noch irgendwo auftreiben lassen.

 

Seine Blätter wurden gerade ihrer ordnungsgemäßen Verwendung zugeführt.

Das war’s auch schon. Spaghetti bissfest kochen, die restlichen genannten Komponenten im Mörser zu einer geschmeidigen Pampe verarbeiten, und schon hat man Pasta mit Pesto vom Allerfeinsten. In einer Qualität, die besagte 90 Prozent aller „Italiener um die Ecke“ ziemlich alt aussehen lässt. Jetzt noch einen einfachen, nicht zu schweren Sangiovese oder – nicht so einfach aufzutreiben – umbrischen Landwein auf den Tisch, und man hat den allgegenwärtigen  Geschmacksverderbern wieder ein Schnippchen geschlagen. Wer dazu zu faul ist, hat allerdings auch nichts besseres als Einheitspampe verdient.

P.S. Variieren macht Spaß: Dieses Pesto mundet auch großartig in einem Auflauf aus rohen Zuccini- und gekochten Kartoffelscheiben

 

Entschleunigen statt fliegen

In Berlin läuft gerade ein Volksbegehren für ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr am vielleicht irgendwann doch noch betriebsfähigen Flughafen BER in Schönefeld. Die Initiatoren brauchen 173.000 Unterschriften um – falls der Berliner Senat das Begehren ablehnt – einen Volksentscheid zu erzwingen.

Bis Freitag müssen die Unterschriften abgegeben sein, ob das gelingt ist fraglich. Zwar läuft die Sammlung in Gebieten unmittelbarer Betroffenheit, wie in Friedrichshagen und rund um den Müggelsee, recht erfolgreich, doch in den weniger lärmbedrohten Innenstadtbezirken eher schleppend.

Schließlich gilt es als Ausdruck allgemeinen Wohlstands, dass sich nicht nur richtig Begüterte, sondern auch Normalverdiener mehrere Flüge im Jahr leisten können. Der Kurztrip zum Ballermann auf Malle ist mittlerweile nicht teurer, als ein Wochenendausflug zur Ostsee. Auch der Luftfrachtverkehr bedient lieb gewonnene Konsumgewohnheiten. Während in Brandenburg das nicht genutzte Fallobst am Boden verfault, werden dezitonnenweise Äpfel auf Neuseeland eingeflogen – aber gleichzeitig auch deutsche Äpfel per Luftfracht exportiert. Weiterlesen

Mit Haut und Gräten!

Ein Scheißtag! Draußen ist Sauwetter und dennoch musste ich, der rasende Reporter, sowohl das Gelaber der fünf grünen Energie- und Umwelt-Landesminister als auch die Friedrichhagener Fluglärmgegner journalistisch verarzten. Irgendwann hat man es schließlich geschafft – und bekommt Hunger. Nicht den richtigen, sondern den berühmten “kleinen zwischendurch”.

Natürlich müsste ich – von wegen gesunde, vollwertige Ernährung – jetzt für ein Schälchen Müsli oder ein bisschen Obst plädieren. Hab aber keinen Bock und gönne mir statt dessen lieber eine etwas abseitige Gaumenfreude.

Ölsardinen gefälligst nur mit Haut und Gräten!

Mein häuslicher Dosenvorrat tendiert stets gegen null, aber eine Packung Ölsardinen ist meistens auf Lager. Doch ein bisschen Extravaganz muss dabei sein: Ich verspeise diese Konserven ausschließlich in der Variante “mit Haut und Gräten”. Früher gab es sie gar nicht anders, und ich weiß auch nicht welche Geisterfahrer auf die Idee gekommen sind, den markigen, pikanten Geschmack durch entgräten und enthäuten zu kastrieren. Heute rennt man sich die Hacken wund, um überhaupt noch irgendwo old-style-Ölsardinen aufzutreiben.

Mein alter Kollege B. hat übrigens noch eine kleine Verfeinerung auf Lager. Büchse auf, das (meist minderwertige) Öl abgießen und die Sardinen statt dessen mit richtig gutem Olivenöl beträufeln. Lecker! Zusätzlich ein paar Tropfen Zitrone machen sich auch ganz gut. Jetzt muss es nur noch gelingen, diese Fettbombe einigermaßen gut zu verdauen. Und heute abend wird wieder was “vernünftiges” gegessen

Wellness in der Datsche

Draußen stürmt`s, und die Temperaturen sind auch nicht mehr so berauschend. Die Woche war hart, als journalistischem Tagelöhner blieb mir diesmal so gut wie nichts erspart; von der beginnenden Mieterverdrängung in Berlin-Lichtenberg schnurstracks zu schrottreifen Dieselloks , die unsere Umwelt verpesten. Dann ein kleiner Abstecher zum deutschen Presserat, der sich mit den Beschwerden pikierter Leser rumschlagen muss und schließlich eine etwas schräge Diskussion ehemaliger DDR-Kombinatsleiter über die Frage, was man aus ihren Erfahrungen für künftige Wirtschaftsformen lernen könnte.

Nach derartigen Wochen stünde eigentlich ein Wellness-Wochenende an. Weiterlesen

Wir werden beklaut

Der Kapitalismus lebt bekanntlich unter anderem von dem Mythos, dass es jeder mit dem entsprechenden Fleiß zu einem gewissen Wohlstand bringen kann. Besonders fleißig scheinen  in Deutschland die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung zu sein. Deren Anteil an allen Vermögenswerten hat sich zwischen 1998 und 2008 von 45 auf 53 Prozent erhöht. Besonders faul waren in diesem Zeitraum dagegen die unteren 50 Prozent. Denn deren Anteil am Vermögen sank von vier auf ein Prozent.

Unglaublich faul ist offenbar auch der Staat. Im Armuts- und Reichstumsbericht der Bundesregierung heißt es dazu: „Während das Nettovermögen des deutschen Staates zwischen Anfang 1992 und Anfang 2012 um über 800 Milliarden zurückging, hat sich das Nettovermögen der privaten Haushalte von knapp 4600 auf rund 10.000 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.”

Gestern noch am Apfelbaum, heute im Einmachglas. Da pfeif ich doch auf eure Sterne-Restaurants

 

Ich spare mir jetzt eine genauere Analyse dieser Wertexplosion. Nur so viel: Mit der viel gerühmten „ehrlichen Arbeit“ hat sie eher wenig zu tun, eine wesentliche Rolle spielen stattdessen Erbschaften, Zins- und Spekulationsgewinne. Weiterlesen

Sommer ist vorbei. Na und?

Noch wehrt man sich innerlich gegen den Abschied des Sommers. Man genießt tagsüber die wärmenden Sonnestrahlen und akzeptiert nur zähneknirschend, dass sich das mit den lauen Abenden wohl für die nächsten 8 Monate erledigt hat.

Auch Freunde saisonaler Ernährung müssen sich jetzt umstellen. Denn der wahre Genießer lässt sich nicht zum Zombie der Lebensmittelindustrie und des globalisierten Handels machen. Ein kleiner Garten oder auch der eigene Balkon können da bei der Orientierung helfen: Erdbeeren sind schon lange durch, und auch Bohnen und Tomaten liegen in den letzten Zügen. Ich werde mir ein paar Gläschen Sugo einkochen und in den kommenden Monaten darauf verzichten, Treibhausmonster oder Fernreisende zu verspeisen. Bei einigen Kräutern wird es Zeit für die Ernte, um sie zu trocknen, zu frosten oder einzulegen.

September in Wandlitz: Ein kleines Beet, ein paar Samen – und schon kann man sich auf leckeren Feldsalat im Spätherbst freuen

Dennoch wird der Tisch auch jetzt und in den kälteren Monaten reichlich gedeckt. Wer ein Beet hat, kann jetzt Feldsalat und Winterzwiebeln pflanzen. Weiterlesen